Test Porsche 911 Sport Classic (992): Der beste Elfer?
Der nur 1.250-mal gebaute 992 Sport Classic von 2022 ist mit 550 Turbo-PS der stärkste Elfer mit Handschaltung. Den Entenbürzel-Spoiler übernimmt er vom legendären Carrera RS 2.7, und mit dem Pepita-Muster im Innenraum feiert er das Porsche-Design der 1960er-Jahre. Fährt der Sport Classic so gut, wie er aussieht?
Fotos: Jens Koch
Tierisch schön: Entenbürzel und Fuchsfelge
Ich habe mich verliebt. Beim ersten Date im Schwarzwald. Sie heißt Sport Classic. Und nein, es liegt nicht am Aussehen – ich bin ja kein oberflächlicher Mensch.
Obwohl es optisch schon einiges gibt, was den 992 Sport Classic attraktiv macht: Beispielsweise der Entenbürzel-Spoiler am Heck, der ursprünglich vom legendären 911 Carrera RS 2.7 stammt, 1972 tatsächlich im Windkanal erprobt wurde – und sich als optimale Form erwies, die Abtrieb erzeugt und gleichzeitig die Endgeschwindigkeit erhöht. Funktionales Design ist eh immer am schönsten.
Hier haben wir die ganze Geschichte des Entenbürzel-Spoilers erzählt.
Den Entenbürzel-Spoiler übernimmt der 992 Sport Classic vom 911 Carrera RS 2.7 von 1972.
Das gilt auch für das Doppelkuppeldach, das ursprünglich Platz für die Helme von Fahrer und Beifahrer schaffen sollte. Auch das breite Turbo-Heck ohne Lufteinlässe macht optisch einiges her. Die Farbe Sportgraumetallic wurde eigens für dieses Modell entwickelt und erinnert an das Sportclassicgrau des 997 Sport Classic. Ohnehin war das 2009 in nur 250 Exemplaren gebaute Sondermodell, das erstmals den markanten RS-Spoiler wieder aufleben ließ, Vorbild für den 992 Sport Classic.
Die Doppelstreifen auf Fronthaube, Dach und Heckspoiler übernimmt der Neue ebenfalls – sie sind in Sportgrau hell lackiert. Dezent geschminkt sind auch die Flanken: Hier trägt der 992 den klassischen Porsche-Schriftzug und eine Lollipop-Startnummer, die frei gewählt werden konnte. Die „60“ steht für das Jahrzehnt, das die Design-Inspirationen liefert. Das ist auch die Ursprungszeit der berühmten Fuchsfelge, deren Design hier wieder aufgenommen wird. Der Heritage-Grillbadge erinnert optisch an eine schöne Tradition: Erreichte man früher mit seinem 356 die 100.000 Kilometer, bekam man vom Porsche-Händler eine emaillierte, runde Plakette für das Heckgitter mit einer stilisierten Straße.
Porsche 992 Sport Classic im 60er-Design: Fuchsfelgen, klassischer Porsche-Schriftzug, Lollipop-Startnummer.
Goldschmuck trägt der 992 auch: Der Porsche-Schriftzug und der Modellname am Heck sind ebenso in Edelmetall gehalten wie die seitlichen „Exclusive Manufaktur“-Plaketten – und wie immer das Porsche-Wappen. Allerdings kommt hier das alte Logo zum Einsatz, mit dem goldenen Porsche-Schriftzug.
Innen geht es mit der goldenen Limitierungsplakette auf der rechten Seite des Armaturenbretts weiter. Brett passt hier gut, denn es besteht – wie bei den ersten 911ern – aus Holz. Ebenfalls aus den Porsche-Fahrzeugen der 1960er-Jahre stammt das legendäre Pepita-Schachbrettmuster – hier kombiniert mit cognacfarbenem Leder. Der Drehzahlmesser zeigt die grüne Skala der frühen 356er.
Porsche 992 Sport Classic Innenraum mit 60er-Jahre-Charme: Pepita-Bezüge, Holz und Handschaltung.
Tanzen im Sitzen
Jetzt habe ich so viel über Äußerlichkeiten erzählt – vielleicht sind sie mir doch nicht so unwichtig? Dabei kommt es in einer Beziehung doch aufs Gefühl an, aufs Miteinander. Zum Beispiel beim Tanzen. Leider kann ich nicht tanzen – beziehungsweise ich fühle mich nicht wohl damit. Ich fürchte, es hat etwas damit zu tun, dass ich nur Dinge gerne tue, von denen ich glaube, dass ich sie einigermaßen beherrsche. Am ehesten geht noch Sitztanzen – also im Sitzen rhythmisch den Kopf zur Musik nicken lassen.
Im Sitzen tanzen – da ist der 992 Sport Classic der ideale Partner: Denn wie man mit ihm um die Kurven wirbelt, wie er präzise macht, was man erwartet, wie er auf den Millimeter der Wunschlinie folgt, wie er sich in den Kehren eindreht, wie er nie grob ist, auch wenn es der Untergrund ist, wie er sich führen lässt, mit einer kurzen Handbewegung einen Gang zulegt, wie er dabei aufjauchzt, wie er einem das Gefühl gibt, dass er genau so viel Spaß hat wie man selbst – das ist schon großartig.
Die doppelten schmalen Zusatzscheiwerfer deuten es an: Der Sport Classic basiert auf dem 992.1 Turbo.
Das Highlight ist die Handschaltung. Ich hatte in letzter Zeit einige Dates mit handgeschalteten 911ern: 997 Carrera, 997 Sport Classic, 991.2 GT3, 992.1 GT3, 992.2 Carrera T. Mit keinem hatte ich so viel Freude wie mit dem 992 Sport Classic: kurze, knackige Schaltwege, perfektes Kupplungsspiel, toller Klang beim automatischen Zwischengas. (Manuell Zwischengas geben kann ich übrigens auch nicht.)
Überhaupt ist der Sport Classic ein klangvoller und wohlklingender, aber nicht übertrieben lauter Begleiter – mit bellendem Kaltstart, prustendem Turbo-Abblasen und lustvollem Sprotzeln beim Gaswegnehmen. Klasse, wenn man beim ersten Treffen merkt: schöne Stimme, nicht zu laut – das könnte ich mir den ganzen Tag anhören. Das ist etwas überraschend, denn der Sport Classic basiert auf dem 992.1 Turbo. Und der kann vieles – aber ein Heldentenor wird aus ihm keiner mehr.
Seltener Anblick: Nur 1.250 Exemplare des 992 Sport Classic wurden gebaut.
Nicht nur beim Tanzen wichtig: ein sicherer Stand. Mit 550 PS ist der Sport Classic der stärkste 911 mit Handschaltung – und der stärkste mit Hinterradantrieb. Klingt nach Schlingerpartie? Iwo! Auf den teilweise regennassen Landstraßen im Schwarzwald lässt er im Sport-Plus-Modus zwar etwas Wheelspin zu, aber das PSM regelt so schnell und perfekt, dass man nie das Gefühl hat, die Leistung würde reduziert.
Dazu trägt neben Wankstabilisierung und Hinterachslenkung sicher bei, dass Porsche ihn anders abgestimmt hat: Er hat 30 PS und 150 Nm weniger als der Turbo, hält seine maximal 600 Nm aber über ein viel breiteres Drehzahlband – von 2.000 bis 6.000 Umdrehungen. Eine moderate Diät gab es ebenfalls: 70 Kilo ist der Sport Classic leichter als der Turbo. Die gut dosierbare und äußerst effektive Keramikbremse, hier mit schwarzen Sätteln, sorgt für Vertrauen.
Ein schöner, na sagen wir, Rücken: Turbobreiter 992 Sport Classic mit RS-Spoiler und Goldschriftzug.
Kostspieliges Vergnügen
Die Rechnung für das erste Date hat Porsche übernommen. Wer sich aber langfristig binden möchte, muss tief in die Tasche greifen: Mit 280.000 Euro lag der Neupreis rund 90.000 Euro über der Basis, dem 911 Turbo. Allerdings müssen alle Designmerkmale erprobt und im Zweifel sogar crashgetestet werden.
Zudem war der Sport Classic eine gute Partie: Heute ist er 340.000 Euro wert. Falls ich diese Mitgift jemals zusammenbekommen sollte, würde ich schwach werden.
Ein Punktesystem wie seriöse Automagazine haben wir nicht – aber der 992 Sport Classic ist mindestens eine 12 von 10.
Speed-Date mit Langzeitschäden: Gegen den mitreißenden 992 Sport Classic verblassen andere Sportwagen.
Porsche 992 Sport Classic: Technische Daten
Porsche 911 Sport Classic (992.1)
Bauzeit: 2022-2023
Leistung: 550 PS
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 4,1 s
Höchstgeschwindigkeit: 315 km/h
Drehmoment: 600 Nm
Maximaldrehzahl: 7.200 1/min
Zylinderzahl: 6
Hubraum: 3.745 cm³
Kraftstoffverbrauch kombiniert (WLTP): 12,6 l/100 km
Leergewicht nach DIN: 1.570 kg
Länge/Breite (mit Aussenspiegeln)/Höhe: 4.535 x 1.900 x 1.299 mm
Gepäckraumvolumen vorne: 132 l
Limitierung: 1.250 Exemplare
Neupreis: 276.284 €
Preis heute: ca. 340.000 €
Wie findet ihr den 992 Sport Classic? Schreibt gerne eure Meinung in die Kommentare.
Von klassisch bis modern: Wir zeigen die 10 schönsten Porsche 911 Modelle, die das Herz von Enthusiasten höherschlagen lassen – inklusive Design-Highlights