Der erste Porsche Turbo: CanAm-Rennwagen 917/10 TC

Porsche 917/10 TC Spyder mit Turbolader 1972

1972 setzt Porsche den ersten Rennwagen mit Turbolader ein. Und gewinnt die CanAm-Serie damit auf Anhieb. Der Transfer vom Rennsport in die Serie gelingt schnell: Nur drei Jahre später wird mit dem 911 Turbo das erste Straßenfahrzeug von Porsche mit Abgaslader ausgeliefert.

Vor 50 Jahren lieferte Porsche den ersten 911 Turbo aus. Das intern 930 genannte Modell ist das erste Porsche-Serienfahrzeug mit Turbolader. In den Sportwagen flossen Erfahrungen aus dem Rennsport ein: Am 11. Juni 1972 startet mit dem 917/10 TC der erste turboaufgeladene Porsche-Rennwagen bei einem Team Motorsportevent. 1971 musste der 917/10 Spyder mit dem 12-Zylinder-Motor noch ohne Turbo auskommen.

Turbo-Power für die CanAm

Nur vier Wochen nach dem ersten Gesamtsieg des 917 beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1970 stellt sich Porsche einer neuen Aufgabe: dem Canadian American Challenge Cup, kurz CanAm. Für das Engagement in der populären nordamerikanischen Rennserie beschließt man, neben großvolumigen Saugmotoren erstmals ein Triebwerk mit Abgasturboaufladung zu erproben.

Die CanAm gilt damals als Hochburg kompromissloser Rennwagen. Leichte, offene Prototypen mit über acht Litern Hubraum und rund 800 PS dominieren das Feld. Zwar ist der Porsche 917 im internationalen Langstreckensport äußerst erfolgreich, doch die 580 PS des 4,5-Liter-Zwölfzylinders reichen für die CanAm nicht aus. Das belegen die Resultate der 1971 privat eingesetzten 917/10 Spyder.

Chefingenieur Hans Mezger entwickelt deshalb auf Basis des 917-Motors ein 16-Zylinder-Saugtriebwerk. Parallel treibt Rennleiter Ferdinand Piëch erste Versuche mit Turboaufladung voran. Zusammen mit Valentin Schäffer, Leiter der Rennmotorenentwicklung, entsteht die Idee, das „Turbo“-Prinzip konsequent im Motorsport einzusetzen.

Porsche 917/10 TC Spyder Turbo CanAm

Gewann die CanAm-Meisterschaft 1972: George Follmer im Porsche 917/10 TC Spyder.

Abgasturboaufladung: Herausforderung für den Rundkurs

Die Aufladung durch Turbolader ist aus Schiffsmotoren, Lkw und US-Rennserien bekannt. Ein Turbinenrad im Abgasstrom treibt ein Verdichterrad an, das die Luft in die Brennräume presst – mehr Füllung bedeutet mehr Leistung. Amerikanische Teams nutzen riesige Turbolader, die zwar hohen Druck erzeugen, aber träge ansprechen. Auf Ovalkursen ist das unkritisch, da kaum Lastwechsel auftreten.

Auf den kurvigen CanAm-Strecken hingegen sind schnelle Reaktionen entscheidend. Schäffer entdeckt in den USA eine erste Lösung: die Ladedruckregelung über ein Wastegate. Dabei werden überschüssige Abgase bei Teillast über ein Ventil an der Turbine vorbeigeleitet. So bleibt der Ladedruck konstant, und kleinere, leichter drehende Lader können eingesetzt werden.

Schäffer entwickelt ein kompaktes, gekühltes Wastegate, das Temperaturen bis zu 1.100 Grad Celsius standhält – deutlich mehr als in den US-Methanolmotoren. Ende Juli 1971 dreht ein 917/10 Spyder mit Doppelturbo die ersten Testrunden in Weissach.

Porsche steht vor der Wahl: 16-Zylinder-Sauger oder 12-Zylinder-Turbo. Der Saugmotor bringt 755 PS, wiegt 320 Kilogramm und ist 25 Zentimeter länger. Der Turbomotor hingegen liefert bereits 850 PS, wiegt nur 270 Kilogramm und ist kompakter. Das Urteil fällt eindeutig aus: Der Turbo ist deutlich überlegen.

Hier haben wir den 992 Turbo S auf dem Stilfser Joch getestet.

Porsche 917/10 TC Spyder Turbo dominiert CanAm 1972

Porsche Turbo dominiert

Bei der CanAm-Season 1972 finden sich drei Porsche 917/10 mit Turbo unter den ersten vier Plätzen. Die Dominanz der Turbolader im Rennsport beginnt.

Triumph in der CanAm

Sein Renndebüt gibt der Porsche 917/10 Turbo am 11. Juni 1972 im kanadischen Mosport Park. Mit fünf Litern Hubraum leistet der Motor rund 1.000 PS. Das Penske-Team setzt den Wagen ein und erreicht auf Anhieb Platz zwei. Am Ende der Saison gewinnt der Turbo sechs von neun Rennen – George Follmer wird Meister.

Für 1973 folgt der weiterentwickelte 917/30 Spyder: Aus 5,4 Litern schöpft der Zwölfzylinder nun 1.100 PS. Mark Donohue fährt im Penske-Porsche sechs Siege ein und holt den zweiten Titel in Folge. Parallel gewinnt Leo Kinnunen in Europa mit einem 917/10 Spyder souverän die Interserie.

Porsche 917/30 Spyder Turbo

1973 übernimmt der 917/30 Spyder das Turbokonzept und die Führung der CanAm.

Abschied mit Rekord

1974 begrenzen die Organisatoren der CanAm den Treibstoffverbrauch, um Porsches Dominanz zu brechen. Zwar entwickeln Mezger und Schäffer entsprechende Lösungen, doch wegen der unsicheren Reglements steigt Porsche aus.

Der Abschied ist spektakulär: Im August 1975 fährt Mark Donohue auf dem Talladega Superspeedway drei Runden mit einem Durchschnitt von 355,848 km/h. Der Rekordmotor leistet 1.230 PS – ein letzter Beweis der Turbo-Überlegenheit.

Hier haben wir die Tradition des Schottenkaro bei Porsche seit dem ersten 911 Turbo von 1974 beleuchtet.



Vom Rennsport auf die Straße

Nur zwei Jahre nach dem ersten Renneinsatz des 917/10 Turbo feiert der erste Porsche Straßenwagen mit Abgaslader sein Debüt auf der IAA: Der 911 Turbo startet eine Erfolgsgeschichte, die sich bis heute fortsetzt.

Hier haben wir uns den 911 Turbo 3.3 von 1978 genau angesehen.

Porsche 911 Turbo 930 1974

Der erste Porsche 911 Turbo, Typ 930, wird 1975 ausgeliefert.

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Porsche 911 Turbo 50 Jahre: Limitiertes Jubiläumsmodell