Wie der Porsche 935 einen Franzosen zum schnellsten Radfahrer der Welt machen sollte

Porsche 935 Fahrradrekordversuch 1978

Der Bahnradfahrer Jean-Claude Rude wollte 1978 den Geschwindigkeitsrekord für Fahrräder brechen und 240 km/h erreichen. Dabei sollte ihm ein Porsche 935 helfen, der so umgebaut wurde, dass Rude im Windschatten mit einem speziellen Rad aus eigener Kraft die Geschwindigkeit halten konnte. Doch es traten unerwartete Probleme auf.

Mit dem Fahrrad schneller als ein Formel-Rennwagen – klingt absurd? Ende der 1970er-Jahre war genau das das Ziel eines Mannes, der sich einer enormen Herausforderung stellte. Jean-Claude Rude, professioneller Bahnradfahrer und besessen vom Gedanken, die Schallmauer des Radsports zu durchbrechen, wollte auf zwei Rädern 240 Stundenkilometer erreichen. Im Windschatten eines Porsche 935 Martini Racing.

Was heute noch wie ein irrwitziges Unterfangen wirkt, hat eine lange Geschichte – voller waghalsiger Helden, technischer Meisterwerke und unglaublicher Entschlossenheit.

Ein Mythos mit Geschichte

Schon Ende des 19. Jahrhunderts begannen Radfahrer, in den Windschatten von Autos oder Motorrädern zu schlüpfen, um die Grenzen des Machbaren auszuloten. Die Faszination, auf einem Fahrrad mit annähernd automobilen Geschwindigkeiten zu rasen, ließ Zuschauer und Fahrer gleichermaßen staunen – und erzittern.

1962 stellte der Franzose José Meiffret mit 204,778 km/h hinter einem Mercedes-Benz 300 SL auf einer abgesperrten deutschen Autobahn einen neuen Weltrekord auf. Elf Jahre später überbot ihn der US-amerikanische Arzt Dr. Allan Abbott, der mit einem 1955er Chevrolet in der Bonneville-Salzwüste auf sagenhafte 223,466 km/h kam. Diese Rekorde weckten den Ehrgeiz des 23-jährigen Jean-Claude Rude – und sein Ziel war klar: 240 km/h auf dem Fahrrad.

Hier geht es zu unserer Zusammenstellung der schnellsten Porsche-Fahrzeuge.

Ein mutiger Plan – mit Porsche im Windschatten

Für sein Vorhaben suchte Rude prominente Unterstützung. Sein Team wandte sich an Henri Pescarolo – eine Motorsportlegende, viermaliger Le-Mans-Sieger und einer der bekanntesten Rennfahrer Frankreichs. Anfangs skeptisch, ließ sich Pescarolo von Rudes Vision und Entschlossenheit anstecken.

Auch das passende Fahrzeug war schnell gefunden: ein Porsche 935 Turbo aus dem Martini Racing Team. 800 PS stark, ein Biest auf Rädern – und mit einem speziell angefertigten Heckaufbau versehen, um den perfekten Windschatten zu erzeugen. Eine trapezförmige Karosserieerweiterung sorgte dafür, dass Rude buchstäblich am Auto kleben konnte – eine Rolle am Heck sorgte dafür, dass beim Kontakt mit dem Vorderrad nichts passierte.

Das Fahrrad? Eine technische Extremität: Das vordere Kettenrad fast so groß wie das Vorderrad selbst, das hintere kaum größer als ein 2-Mark-Stück. Eine Tretbewegung bedeutete fast 27 Meter zurückgelegte Strecke. Doch dieses Monster von Übersetzung war erst ab 100 km/h fahrbar und benötigte bis dahin externe Hilfe – ein Motorrad schob Rude mit einem Schieber an.

Porsche 935 Fahrradrekordversuch 1978

Der Porsche 935 sorgte für Windschatten. Bis 100 km/h musste ein Motorrad schieben, die Übersetzung reichte dann bis 240 km/h.

Ehra-Lessien statt Autobahn

Statt auf einer Autobahn, wie ursprünglich geplant, fand der Rekordversuch auf dem Volkswagen-Testgelände in Ehra-Lessien statt. Doch auch hier warteten Herausforderungen: Die Strecke hatte Kurven – ungünstig für Anfahrt und Beschleunigung. Jean-Claude Rude musste zunächst langsam auf Touren kommen, während Pescarolo den Porsche gleichmäßig langsam beschleunigen musste – gar nicht so einfach mit 800 PS unter dem Fuß.

Pescarolo erinnert sich: „Ich war verantwortlich für sein Leben. Ich musste genau die richtige Geschwindigkeit finden, den Turbo bändigen und dabei dafür sorgen, dass Rude im Windschatten blieb.“

Das Rennen gegen die Physik

Am 23. August 1978 um 10:30 Uhr war es so weit. Nach mehreren Versuchen passte alles: Rude wurde angeschoben, gewann an Tempo, schloss auf den Porsche auf. In der Steilwand erreichte er 150 km/h – dann begann der Sprint zur Messstrecke. Noch sieben Kilometer bis zur magischen 240.

Doch bei 175 km/h passierte etwas Schreckliches: Der hintere Schlauchreifen löste sich von der Felge, wickelte sich um die Hinterradachse. Das Rad blockierte. Die Felge schleuderte über den Asphalt. Rude hielt das unkontrollierbare Bike wie ein Skifahrer auf der Kante, rutschte auf blankem Metall weiter – und kam nach mehreren hundert Metern unverletzt zum Stehen.

„Wir waren einfach nur froh, dass ihm nichts passiert ist“, sagte Pescarolo später.

Ein tragisches Ende

Es blieb Rudes einziger Anlauf. Ein Jahr später starb er bei einem tragischen Unfall. Der Rekordversuch mit dem Porsche 935 bleibt ein einmaliges Kapitel der Geschichte.

Den absoluten Geschwindigkeitsrekord auf einem Fahrrad hält bis heute der Niederländer Fred Rompelberg: 268,8 km/h, 1995, ebenfalls in der Salzwüste von Bonneville. Doch das Bild des Porsche 935 Turbo Martini mit seinem eleganten Heckaufbau und dem tollkühnen Radsportler im Windschatten ist unvergessen.

Wie denkt ihr darüber? Schreibt gerne eure Meinung in die Kommentare.


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