Wie Porsche die Rallye Paris-Dakar gewann und der Allradantrieb in den 911 kam

Porsche 953 Dakar 911 4x4 Front

Als Porsche Anfang der 1980er-Jahre beschloss, mit dem 911 an der Rallye Paris-Dakar teilzunehmen, hielten viele das Vorhaben für waghalsig. Ein Sportwagen im Wüstensand? Doch Porsche gewann die härteste Rallye der Welt tatsächlich und legte damit auch den Grundstein für eine Innovation, die den Elfer nachhaltig prägte: den Allradantrieb.

Rallye-Erfolge des Porsche 911

Aus heutiger Sicht erscheint das Unterfangen nicht gerade naheliegend: Porsche wollte 1984 mit dem Sportwagen Porsche 911 die 11.000 Kilometer lange, größtenteils durch Wüsten führende, härteste Rallye der Welt gewinnen. Immerhin konnte Porsche zwischen 1965 und 1980 bereits auf einige Erfolge im Rallyesport zurückblicken – angefangen mit dem ersten Einsatz des 911 bei einer Rallye, der Monte Carlo 1965, der auf dem fünften Platz endete. Von 1968 bis 1970 gewann der 911 diese Rallye sogar drei Jahre in Folge.

Porsche 911 1965 Rallye Monte Carlo

Den ersten Rallye-Einsatz hatte der Porsche 911 bei der Monte 1965.

Während die Rallye Monte Carlo ausschließlich über – allerdings oft verschneite – Straßen führt, sammelte Porsche auch bereits Offroad-Erfahrung: In den 1970er-Jahren nahm Porsche mit dem 911 mehrfach an der East African Safari Rallye teil, die über 5.000 Kilometer durch Kenia führte. 1971 erreichte Porsche den fünften Platz, 1974 und 1978 schaffte es der 911 jeweils auf Rang zwei. 1981 fuhr Walter Röhrl mit dem 924 Carrera GTS für Porsche die Deutsche Rallye-Meisterschaft. Die Rallye Sanremo, die damals noch keine reine Straßenveranstaltung war, bestritt er im selben Jahr mit dem 911 SC.

Porsche 911 SC Rallye Sanremo 1981

Walter Röhrl und der Porsche 911 SC bei der Rallye Sanremo 1981.

Ein Allrad-911 muss her

Das Problem bei der Paris-Dakar war jedoch: Seit den Anfängen dieser Rallye 1978 hatten stets Fahrzeuge mit Allradantrieb gewonnen. Mit nur einer angetriebenen Achse durch den losen Sand und die steilen Dünen hinaufzukommen, wäre aussichtslos. Ein passendes Antriebssystem fehlte Porsche aber.

1981 präsentierte Porsche auf der IAA die Studie 911 Turbo 3.3 4x4 Cabriolet. Bis zum ersten Serienallradwagen von Porsche – nach dem 1953 in Kleinserie gebauten Jagdwagen – sollten jedoch noch einige Jahre vergehen.

Der entwickelte Prototyp wurde im Anschluss intensiv erprobt und abgestimmt – von Rallye-Legende Walter Röhrl. Als Jacky Ickx den Technologieträger in Weissach in Aktion sah, entstand die Idee: Er wollte mit einem allradgetriebenen Elfer bei der Rallye Paris-Dakar an den Start gehen. Diese über 11.000 Kilometer lange Langstreckenrallye, die außerhalb der offiziellen Weltmeisterschaft stattfand, hatte kontinuierlich an Bekanntheit gewonnen. Ickx selbst konnte 1983 mit einem Mercedes 280 GE einen Gesamtsieg bei dem prestigeträchtigen Wüstenrennen verbuchen. Ihm war klar, ohne Allrad kommt man bei der Dakar nicht weit.

Hier haben wir den stärksten Allrad-911, den Turbo S, in den Alpen gestestet.

Porsche 953 911 4x4 Erprobung Algerien

Der Porsche 911 4x4 aka 953 1983 auf Erprobung in Algerien.

Ein weitere Ansporn für Porsche, den Allradantrieb schnell weiter zu entwickeln: 1982 führte die FIA die leistungsstarke Gruppe B für die Rallye ein. Und im nächsten Jahr sah man ein weiteres Porsche-Konzeptfahrzeug mit Allrad auf der IAA: „Gruppe B“ lautete der Name der Studie, die 1986 als Porsche 959 in Serie ging. 1984 stand dieses Fahrzeug aber noch nicht zur Verfügung.

Rallye Paris-Dakar 1984

Für den Einsatz bei der Rallye Paris-Dakar rüstete Porsche daher drei Exemplare des 911 Carrera 3.2 mit Allradantrieb und umfangreichen, rallyetypischen Verstärkungen aus. Die offizielle Typenbezeichnung lautete Porsche 911 Carrera 3.2 4x4 Paris-Dakar, intern wurde das Fahrzeug unter dem Kürzel 953 geführt. Zum Einsatzteam zählten unter anderem Jacky Ickx mit seinem Beifahrer Claude Brasseur sowie der französische Rallye-Routinier René Metge, der ebenfalls bereits 1981 die Dakar im Range Rover gewonnen hatte. Er startete gemeinsam mit Dominique Lemoyne. Komplettiert wurde das Trio durch das Team um Porsche-Projektleiter Roland Kussmaul, der zusammen mit Erich Lerner antrat.

Porsche Dakar Metge Kussmaul Ickx

Die Porsche-Fahrer der Dakar 1984: René Metge, Roland Kussmaul, Jacky Ickx (von links)

Während Ickx und Metge um ein Top-Ergebnis, idealerweise den Sieg, kämpfen sollten, übernahm das Duo Kussmaul/Lerner die Rolle eines mobilen Serviceteams. Parallel dazu unterstützte eine begleitende Mechanikercrew in der Lkw-Wertung den Einsatz der drei speziell vorbereiteten Elfer. Jacky Ickx sorgte dafür, dass die Zigarettenmarke Rothmans auch bei der Paris-Dakar als Sponsor dabei war.

Anfangs wurde das Engagement von Porsche von der etablierten Konkurrenz belächelt – vor allem aufgrund des Einsatzes eines Sportwagens im Umfeld schwerer Geländewagen. Doch die anderen Fahrer stellten bald fest, dass die Porsche nicht zu unterschätzen waren. Zwar musste der von Jacky Ickx pilotierte 911 Carrera 4x4 bereits am ersten Tag in der Wüste nach einer Kollision mit einem großen Stein stundenlang repariert werden, doch das Potenzial des Fahrzeugs blieb nicht lange verborgen.

Porsche 953 Dakar 911 4x4 1984

Porsche 953 auf den anspruchsvollen Strecken der Rallye Paris Dakar 1984.

René Metge demonstrierte eindrucksvoll seine Erfahrung als „Wüstenleser“ und trieb den speziell vorbereiteten 911 mit Geschwindigkeiten von über 150 km/h über Sand und Geröll. Dabei spielte das konsequent auf Leichtbau getrimmte Konzept des Fahrzeugs seine Stärken aus: Der Rallye-Elfer wog mehrere Hundert Kilogramm weniger als die traditionellen Offroader und verfügte dank seines 3,2-Liter-Boxermotors über eine Leistung von 165 kW (225 PS).  Ein entscheidender Vorteil war die Traktion des heckgetriebenen Grundkonzepts, die sich auch im extremen Terrain der Dakar positiv bemerkbar machte. Für besonders sandige Passagen und das Befahren hoher Dünen stand den Fahrern eine Differenzialsperre zur Verfügung: Über einen Hebel in der Mittelkonsole konnte der starre Durchtrieb zwischen Vorder- und Hinterachse aktiviert werden. Zwar führte dies zu einer ruppigeren Fahrweise, ermöglichte aber maximale Traktion in schwierigstem Gelände.

Hier haben wir den ersten Serien-Allrad-911, den 964, und den 992 Carrera 4S getestet.

Porsche 953 Dakar 911 4x4 Heck

Noch heute ist der Porsche 953 von der Dakar 1984 in der Porsche-Sammlung.

Nach 19 Tagen erreichten von den 313 gestarteten Fahrzeugen nur 98 das Ziel im Senegal. Sengende Hitze, schlechte Sicht durch aufgewirbelten Staub, Sand in jeder Ritze des Fahrzeugs und in der Kleidung, die Nächte frierend im Schlafsack machen die Rallye zu einem kräftezehrenden Abenteuer.

Am Ende holte Metge den Gesamtsieg. Jacky Ickx kämpfte sich von Rang 139 auf Platz sechs vor, während Roland Kussmaul 26. wurde. So gewann Porsche auch die Teamwertung.

Porsche 953 Dakar 911 4x4 Sieger Betge

René Betge feiert seinen Sieg bei der Dakar 1984.

Porsche 959

Im nächsten Jahr trat Porsche mit dem 959 an. Die Serien-Biturbomotoren waren jedoch noch nicht fertig und die Wagen wurden mit 911er-Motoren ausgestattet. Keines der drei Fahrzeuge erreichte das Ziel. 1986 gewann Metge mit dem 959 mit dem ursprünglich vorgesehenen Motor in Dakar.

Porsche 959 Dakar 1986

1986 konnte Porsche mit dem 959 erneut die Rallye Paris-Dakar gewinnen.

Zu einem Einsatz des 959 in der Gruppe B der Rallye-Weltmeisterschaft kam es übrigens nicht mehr, weil die FIA die Gruppe B stoppte. Die hochgezüchteten Wagen hatten sich als zu gefährlich erwiesen und durften nur noch in der Rallyecross-Europameisterschaft fahren, an der Porsche kein Interesse hatte.

Ab der 1989 eingeführten Baureihe 964 konnte man den 911 als Carrera 4 bestellen und so bekamen mehr Porsche-Fahrer die Chance ein Allradfahrzeug zu fahren.

Ist der 911 und Allrad eine gute Kombination? Schreibt eure Meinung gerne in die Kommentare!


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