Der verschollene Le-Mans-Wagen: Porsches erster Klassensieger

Porsche 356 SL Le Mans 1951

60 Jahre lang war der erste Porsche-Klassensieger von Le Mans verschollen. Doch dank eines engagierten Sammlers konnte die Geschichte von 356/2-063 rekonstruiert und der Wagen wieder in den Ursprungszustand von 1951 zurückversetzt werden.

Es ist eine dieser Geschichten, die zu gut klingen, um wahr zu sein: Ein unscheinbarer roter Roadster entpuppt sich als legendärer Le-Mans-Koassensieger. Doch genau das passierte dem amerikanischen Porsche-Sammler Cameron Healey. Nach jahrzehntelanger Detektivarbeit steht fest: Sein 356 SL ist tatsächlich jener Wagen, mit dem Porsche 1951 seinen allerersten Klassensieg in Le Mans einfuhr.

Die Faszination auf den ersten Blick

Die Geschichte beginnt 1993 bei den Monterey Historic Races in Nordkalifornien. "Ein kleiner roter Roadster hat mich damals einfach umgehauen", erinnert sich der heute 74-jährige Healy. "Ich wusste nichts über seine Herkunft." Der eigenwillige 356 mit Aluminiumkarosserie gehörte damals Chuck Forge, der ihn seit 1957 besaß und damit Rennen fuhr.

16 Jahre lang verfolgte Healy den Wagen aus der Ferne. Als Forge 2009 verstarb, konnte der Sammler das Fahrzeug endlich aus dem Nachlass erwerben. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Er hatte gerade ein bedeutendes Stück Porsche-Geschichte gekauft.

Hier geht es zur spannenden Geschichte eines 356, der mit Kettenantrieb durch die Antarktis fuhr.

Porsche 356 SL: Aerodynamische Radhausverkleidungen

Der Porsche 356 SL hatte 1951 in Ke Mans aerodynamische Radhausverkleidungen.

Von Gmünd nach Le Mans: Die Geburt einer Legende

Um die Bedeutung des Wagens zu verstehen, müssen wir ins Jahr 1949 zurückblicken. Im österreichischen Gmünd entstanden damals die ersten 356, noch in Handarbeit mit Aluminiumkarosserien. Zu diesen frühen Fahrzeugen gehörte auch 356/2-063.

Als Porsche 1950 die Produktion nach Stuttgart verlegte, blieben einige unfertige Gmünd-Karosserien zurück. Sie wurden bei Tatra in Lohnarbeit vollendet und später nach Zuffenhausen geliefert. Der Pariser Automobilsalon im Oktober 1950 brachte den entscheidenden Impuls: Auguste Veuillet, Unternehmer und Rennfahrer, sowie Charles Faroux, Mitbegründer und Renndirektor der 24 Stunden von Le Mans, überredeten Ferdinand Porsche zur Teilnahme am legendären Langstreckenrennen 1951.

Triumph unter widrigen Bedingungen

Allerdings verfolgte Porsche schon vor dem Start das Pech: Drei Unfälle bei Versuchs- und Trainingsfahrten ließen nur einen Wagen übrig: 063. Am 23. Juni 1951 starteten Auguste Veuillet und Edmond Mouche mit der Startnummer 46 bei strömenden Regen und später schweren Unfällen auf der Strecke.

Doch der 46 PS starke Wagen lief ohne Probleme. In Runde 158 erreichte er seine Bestzeit von 5:44,7 Minuten: ein Schnitt von knapp 141 km/h. Am Ende erreichten Veuillet und Mouche den Klassensieg und belegten den 20. Gesamtrang. Porsches Erfolgsgeschichte in Le Mans hatte begonnen.

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Porsche 356/2-063 1951 Le Mans Klassensieg

Heute ist der Porsche 356/2-063 wieder in der Form, in der er 1951 in Le Mans den Klassensieg errang.

Vom Rennwagen zum Roadster

Nach dem Le-Mans-Triumph ging die Karriere von 063 weiter: Zwei Monate später nahm der Wagen am Rennen Lüttich–Rom–Lüttich teil (Startnummer 16, Gesamtrang 10). Die Blinker wurden dafür weit nach außen verlegt, um Platz für Starktonhörner und stärkere Zusatzscheinwerfer zu schaffen. Im September 1951 holte sich 063 bei Rekordfahrversuchen in Montlhéry drei internationale Rekorde.

Zu dieser Zeit sammelte und konservierte Porsche solche siegreichen Fahrzeuge aber noch nicht für Nachwelt. Stattdessen sorgte der Porsche-Importeurs Max Hoffman dafür dass er zusammen mit zwei weiteren 356 SL repariert, neu lackiert, technisch auf Serienzustand gebracht und in die USA exportiert wurde. Hoffman verkaufte den Wagen zunächst an Jack Rutherford, der ihn jedoch zurückgab.

Der nächste Besitzer wurde Johnny von Neumann, ebenfalls Rennfahrer. 1952 ließ er vom Karosseriebauer Emil Diedt das Dach entfernen, um Gewicht einzusparen. Dieser radikale Umbau zum Spyder sollte die Identifizierung Jahrzehnte später erheblich erschweren.

Der Wagen ging durch mehrere Hände – Bill Wittington, Rick Gale, Ernie Spitzer, Dick Cotrell, bis er 1957 zu Chuck Forge kam. Alle Vorbesitzer fuhren Rennen mit ihm. 1981 ließ Forge eine Restaurierung durchführen: optisch ansprechend, aber ohne Rücksicht auf die historische Bedeutung.

Detektivarbeit mit Lasermessungen

Als Cameron Healy den Wagen 2009 erwarb, ahnte er noch nicht, welchen Schatz er besaß. In Sammlerkreisen kursierten zwar Gerüchte, dass dieser Aluminium-356 einer der drei Le-Mans-Starter von 1951 sein könnte, doch klare Beweise fehlten. Die Entfernung des Dachs und mehrfache Restaurierungen hatten die Spuren seiner Herkunft nahezu ausgelöscht.

Gemeinsam mit dem renommierten 356-Experten und engen Freund Rod Emory begann Healy eine umfassende Untersuchung. Emory entdeckte entscheidende Ungereimtheiten an der Karosserie. Eine fast schon kriminaltechnische Analyse begann: eingekratzte Markierungen auf den Blechen, Spuren der Blinkerverlegung, eine Beschädigung an einer Radblende, die auch auf historischen Le-Mans-Fotos erkennbar war.

Healy tauchte ins Porsche-Archiv in Zuffenhausen ein, wo sich wichtige Unterlagen fanden. Emory vermaß die beiden anderen bekannten 356 SL (heute in Mexiko und in der Collier-Sammlung) per Laser und verglich die Daten. Nach fünf Jahren akribischer Nachforschungen stand zweifelsfrei fest: Der kleine rote Spyder war tatsächlich 356/2-063 – der allererste Le-Mans-Klassensieger von Porsche.

"Ich konnte das erst nicht glauben, doch alle Indizien sprechen dafür, dass es 063 ist", sagt Healy heute.

Hier findet ihr die Story vom Porsche-Le-Mans-Klassensieger 1972, dem 911 S/T 2.5.

Cameron Healy restaurierter Porsche 356/2-063.

Cameron Healy mit seinem restaurierten Porsche 356/2-063.

Authentische Wiedergeburt

Healy und Emory gingen eine kompromisslos authentische Restaurierung nach den originalen SL-Rennspezifikationen von 1951 an. Emory erstellte Holzformen und schlug mit Werkzeugen aus den 1940er-Jahren ein neues Dach über die Karosserie, exakt so, wie der Wagen 1951 in Le Mans an den Start gegangen war.

Die Restaurierung dauerte Jahre, doch sie gelang. 356/2-063 erwachte zu neuem Leben, in exakt jenem Zustand, in dem Auguste Veuillet und Edmond Mouche 1951 den historischen Klassensieg errungen hatten.

Auch spannend: Wie der Le-Mans-Sieger Porsche 917 eine Straßenzulassung bekam.

Rückkehr nach Le Mans

Von Beginn an hatten Healy und Emory einen Traum: den 063 zurück nach Le Mans zu bringen. Nach 30 Jahren, seit jenem ersten Blick in Monterey, und nach 13 Jahren intensiver Restaurierungs- und Forschungsarbeit, war es 2023 soweit. Cameron Healy erfüllte sich seinen Lebenstraum: Er fuhr den verschollen geglaubten Wagen zurück zu jenem Ort, wo alles begann, auf die legendäre Strecke von Le Mans.

Der 356 SL auf dem Weg nach Le Mans.

Ein Wagen, der durch viele Hände ging, dessen Dach entfernt, der mehrfach restauriert und neu lackiert wurde, hatte den Weg zurück zu seinen Wurzeln gefunden. Beinahe wäre die Geschichte von 356/2-063 für immer verloren gewesen.

Heute ist dieser 356 SL einer der wertvollsten Porsche überhaupt.

Technische Daten Porsche 356/2-063 (Le-Mans-Spezifikation 1951):

  • Motor: 1.086 ccm Vierzylinder-Boxer

  • Leistung: 46 PS

  • Karosserie: Aluminium (Gmünd-Bauweise)

  • Gewicht: ca. 550 kg

  • Klassensieg: 24 Stunden von Le Mans 1951

  • Gesamtplatzierung: 20.

  • Bestzeit: 5:44,7 Minuten (Ø 141 km/h)

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